Aus der Geschichte von
Leichnam - ab 1910
Spreewiese
Spreewiese liegt in einem
uralten Siedlungsgebiet,
welches bereits seit Mitte
des 2. Jahrtausends vor Chr.
durch die "Illyrier"
besiedelt wurde. Zahlreiche
Scherbenfunde zeugen von der
damaligen schon recht gut
entwickelten Handwerkskunst.
Knochenreste konnten bisher
nicht gefunden werden - wohl
eine Folge der üblichen
Feuerbestattung.
Spreewiese scheint das
älteste Dorf in der heutigen
Gemeinde Klix (jetzt zum
Gemeindeverbund Großdubrau
gehörend) zu sein, sein Name
weist auf die Zeit um 700
n.Chr. hin, während die
umliegenden Gemeinden
Ausbausiedlungen sind, die
um das Jahr 1000 entstanden.
Um
1000 n.Chr. wird durch
deutsche Ritter eine
Wasserburg in Spreewiese
errichtet. Diese
symbolisiert die Landnahme
und ist außerdem Schutz- und
Zufluchtstätte bei Gefahr.
Um 1200 wird anstelle der
Wasserburg eine befestigte
steinerne Burg errichtet.
Erste Erwähnung der
Nachbargemeinde Klix in
einer Urkunde von 1222.
Neben Welitin (Wilthen), Nuenkirgi
(Neukirch), Saland (Sohland), Kunewalde
(Cunewalde), Grödist
(Gröditz), Guttin (Guttau)
ist auch Cluxnae (Klix)
erwähnt.
Bis
zum Jahre 1872 wurde
Leichnam vom Adel 'regiert'.
Erstmals 1872 wurde ein
bürgerlicher Industrieller
'Herr von Leichnam'.
Die Erwerbstätigkeit und
das Leben unter der
Adelsherrschaft
Jeder Dörfler war
Erbuntertan seines Herrn,
des Rittergutsbesitzers. Nur
einige Lehnsleute bildeten
eine seltene Ausnahme.
Die
Geburt entschied über die
Standeszugehörigkeit. Sie
wurden als Leute, das waren
Leibeigene, Hörige und
Enteignete geboren und sie
hatten keine Möglichkeit, in
einen anderen Stand zu
wechseln. Sie durften nicht
wegziehen oder etwas
verkaufen. Auf Heirat ohne
Erlaubnis stand Gefängnis
oder Strafarbeit. Ihre
Kinder durften kein Handwerk
lernen, sondern mussten auf
dem Rittergut dienen. Zu den
Naturalleistungen und Spann-
(Hand- )diensten kamen noch
Erbzinsen in beträchtlicher
Höhe. Naturalleistungen waren
Abgaben der Untertanen wie
Hühner, Eier, Butter,
Roggen, Hafer.
Bei
Spanndiensten mussten die
Bauern mit eigenem Gespann
auf dem Rittergut Arbeiten
und Fuhren aller Art
leisten. Handdienste
umfassten jegliche Arbeit,
wie Erntearbeiten, Dreschen,
Schafe scheren, Fischfang,
Eis hacken usw. Für die
eigenen Arbeiten blieb dann
oft nur noch die Nacht, denn
hatten sie nach Bartholomäi
(24. August) ihre Ernte
nicht heim, trieb der
herrschaftliche Schäfer
seine Schafe, Kühe und
Schweine unbarmherzig in das
Bauerngetreide. Alle
Arbeiten auf dem Rittergut -
die Fron - waren ohne Lohn
oder Kost abzuleisten.
Herrschaftsfolgen:
1509 Hans von
Gersdorf (Herr von
Leichnam)
1531 Die von Penzig
1557 Franz von
Nostitz
1629 Christoph von
Nostiz
1630 Hans Christoph
von Nostiz
1666 Caspar
Christoph von Nostiz
1728 erstmalige
Erwähnung des
Rittergutes
1750 Friedrich
Caspar Graff von
Gersdorff
1792 Heinrich 28.
Fürst Reuss
1840 - 1872
Kammerherr von
Watzdorf
1872 - 1880 Börner,
Spitzenfabrikant in
Pulsnitz
1880 - 1887 Demuth,
Ökonom in Bautzen
1887 . 1899 Bursche,
Planenfabrikant in
Pulsnitz
1899 - 1910 Dr. phil.
Eisenstück
1910 - 1945 Franz
Sachsse, Ökonom
Der
alte Name 'Leichnam' wurde
in der Regel in Verbindung
mit der 'Leiche' gebracht,
hatte aber damit überhaupt
nichts zu tun. Der originale
sorbische Name 'Lichan'
(oder ähnlich geschrieben)
steht wahrscheinlich für
'Lichtung' - also eine
Waldlichtung, auf der
gesiedelt wurde. Pate für
den Namen könnte auch der
freiheitlich gesinnte Ritter
'Lichen' gestanden haben,
der in den Kämpfen gegen den
deutschen Ritterorden eine
Rolle spielte.
Nachfolgender 'Aktenvermerk'
aus dem Jahre 1910 berichtet
von der Umbenennung von
'Leichnam' in 'Spreewiese':
Als
ich am 1. August 1910 das
Rittergut Spreewiese von
Herrn Consul Dr. Eisenstock
käuflich übernahm, hatte
Spreewiese noch den Namen:
"Leichnam". Da viele Käufer
infolge des Namens Leichnam
von einem Kauf abgesehen
hatten und auch ich mich mit
diesem hässlichen Namen nicht
befreunden konnte, so fasste
ich den Entschluss, Leichnam
umtaufen zu lassen.
In einer
Gemeindemitgliederversammlung
am 9.9.1910 im Gasthof zu
Leichnam wurde mein Antrag
angenommen und einstimmig
beschlossen, Ort und Gut
'Leichnam' in 'Spreelinden'
umzutaufen (Heute gibt es
zumindest noch eine
'Lindenstraße'!).
Darauf reichte ich ein
Gesuch an das Ministerium
des Inneren ein. Daselbst
wollte man jedoch von dem
Namen 'Spreelinden' nichts
wissen und es wurde der Name
'Spreewiese' gewählt.
Durch die Fürsprache des
damaligen Amtshauptmanns Dr.
von Pflugk, gelang es,
'Leichnam' in 'Spreewiese'
umzutaufen.
Der Name 'Spreewiese' hat
sich auch postalisch sehr
schnell eingeführt. Der
erste Neugeborene
Spreewieser war mein Junge,
Werner Sachsse.
Gez. Franz Sachsse. Besitzer
der Rittergüter Spreewiese
und Klein-Spreewiese
Einwohnerzahlen und
Gewerbestruktur
Um 1870: 1
Rittergut, 6
Gärtner, 21 Häuser
(teilw. ohne Land, 1
Gasthof, 1 Schmiede
- 200 Seelen
Um 1900: 1
Rittergut, Gasthof,
Schmiede,
Stellmacherei,
Schuhmacher, 6
'Gartennahrungen',
Häusler - 204 Seelen
1904: 1 Rittergut, 6
Bauern und Gärtner,
1 Gastwirt, 3
Handwerker
1924: 193 Einwohner
1938: 249 Einwohner
1996: 187 Einwohner,
davon 31 Rentner und
57 Kinder, 1
Produktionsunternehmen,
2 Händler, 1
Transportunternehmen,
1 Gastwirt, 2 sonst.
Selbstständige.
1997: 183 Einwohner
1998: 178 Einwohner
1999: 170 Einwohner
2000: 172 Einwohner
2001: 177 Einwohner
2010: 144 Einwohner
2011: 141 Einwohner
Wichtige Gewerbe in
Spreewiese
Käserei: 1880 bis
1910
Brennerei: 1899 bis
1939
Weinmosterei / Baumschule:
1880 - 1887
Fischerei - noch
heute
Trinkwasseranlage:
Bis 1939 ein Trog am
Rittergut, aus der
Spree gespeist, 1939
Bau eines Brunnens
am Rittergut -
lieferte kein gutes
Wasser, die meisten
Häuser bohrten
darauffolgend eigene
Brunnen.1971
erfolgte der
Anschluss ans
öffentliche
Wassernetz - jetzt
kam das Wasser vom
Wasserwerk Sdier (in
der Folgezeit
versiegten die
meisten Brunnen, da
der Grundwasserstand
durch die großen
Braunkohlegruben im
Norden stark
absank).
Ziegelei: 1792 wurde
die Ziegelei gebaut,
der Ton kam aus
Zschillichau, der
Lehm wurde aus
Gruben rings um die
Ziegelei geborgen -
heute sind dort
Teiche
zurückgeblieben. Aus
heutiger Sicht ein
Musterbeispiel
kurzer
Transportwege!
Das
Vereinswesen in Spreewiese
in den 20er Jahren
Militärverein
Wendischer Verein
Radfahrverein „Spreetal“
Fechtverein
Das Kriegsende 1945 und
der Neuanfang in Spreewiese
Stichworte wie
Sieg über den
Faschismus,
Befreiung des
deutschen und des
sorbischen Volkes
vom Faschismus,
enge Verbundenheit
mit der siegreichen
Sowjetunion,
Führung durch die
Arbeiterklasse
kennzeichnen die
Überlieferungen aus dieser
Zeit. Nur wenig ist über die
tatsächlichen schweren
damaligen Verhältnisse
niedergeschrieben, was nicht
zuletzt durch die
politischen Verhältnisse
begründet ist. Die folgenden
Informationen werfen ein
Licht auf die damaligen
Verhältnisse.
2772 Tote in den
letzten Kriegstagen
im Kreisgebiet
427 Greise, Frauen
und Kinder
verendeten in
Flüchtlingstrecks
Zahlreiche Gebäude
und Gerätschaften
wurden vernichtet,
Tiere aller Art
getötet
1. Aufruf in Bautzen
nach dem
Zusammenbruch des
III. Reiches: "Jeder
gesunden Bautzener
Bürger im Alter von
15 bis 60 Jahren hat
sich täglich um 8.00
Uhr Sommerzeit vor
dem Rathaus,
versehen mit einer
Schaufel, Hacke,
einem Spaten, Besen
oder Rechen zu
Aufräumarbeiten zu
melden."
1947, also schon 2 Jahre
nach Kriegsende, gab es auf
Lebensmittelkarten folgende
tägliche Rationen (Gramm):
|
Brot
|
Fleisch
|
Fett
|
Zucker
|
Schwerarbeiter
|
600 |
100 |
30 |
25 |
Arbeiter
|
500 |
65 |
15 |
20 |
Angestellte
|
400 |
40 |
10 |
15 |
Nichtberufst.
|
300 |
20 |
7 |
15 |
Kinder |
300 |
20 |
20 |
15 |
Am
1. Januar 1951 wurde die
Rationierung für Brot, Mehl
und Hülsenfrüchte
aufgehoben. Am 12. April
1953 war der letzte Tag der
Rationierung für Textilien
und Schuhwaren.
Die
nun folgenden 40 Jahre waren
durch den 'Sozialismus auf
deutschem Boden'
gekennzeichnet. Eine
durchgehende Ortschronik
wurde für diese Zeit nicht
aufgeschrieben. Überhaupt
war das
Geschichtsbewusstsein in
diesem Zeitabschnitt
jahrzehntelang nicht
entwickelt, erst in den
letzten Jahren des
Sozialismus wurden wieder
Traditionen erweckt (und in
Berlin kam 'Friedrich der
Große' wieder als
Reiterstandbild zur
Aufstellung).
Der Ort und dessen
Bewohner kamen nach der
politischen Wende 1990 von
der DDR zur Bundesrepublik
Auch für die Zeit der Wende
und für die Nachwendejahre
gibt es noch keine
relevanten Aufzeichnungen -
der Autor dieser Seiten wird
aber versuchen,
entsprechende Informationen
zu sammeln, um die Tradition
der Geschichtsfortschreibung
beizubehalten.
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